Wälder sind Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten und mit ihren ökologischen Leistungen unverzichtbar für das Überleben der Menschheit. Das gilt nicht nur für die großen Urwälder im Amazonasgebiet, sondern auch für den Wald vor unserer Haustüre.
Wälder sind unverzichtbare Verbündete in der planetaren Umweltkrise. Damit sie das bleiben und weiter ihre Leistungen für uns erbringen, benötigen sie jedoch ihre natürliche Biodiversität und Strukturvielfalt, die Integrität des Waldinnenklimas, intakte Böden, Nährstoff- und Wasserhaushalte, Schutz vor Schadstoffen, invasiven Arten und Zerschneidung sowie konsequenten Klimaschutz.
Damit Wälder eine Zukunft haben, müssen wir ihren Schutz und ihre Nutzung global denken und lokal verantwortungsbewusst umsetzen.
Nach Auffassung der Umweltverbände und von bekannten Waldökologen und Forstwirten muss das neue Bundeswaldgesetz den Erhalt und die Stärkung des Ökosystems ins Zentrum rücken. Die Forstwirtschaft sollte in der intensiven, ökologisch bedenklichen Form wie sie vielfach betrieben wird, nicht weitergeführt werden.
Der Erhalt der klimarelevanten Waldfunktionen, die Versorgung mit sauberem Wasser und reiner Luft, der Schutz des Lebensraums von unzähligen Tier- und Pflanzenarten und das Angebot eines gesundheits-fördernden Erholungsraums muss Vorrang vor der wirtschaftlichen Nutzung bekommen. Diese soll nicht ausgeschlossen werden, aber sie muss an die Erfordernisse des Waldökosystems angepasst werden. Nur ein widerstandsfähiger Wald dem die notwenigen natürlichen Ressourcen zur Verfügung stehen, wird den Klimawandel überleben.
Für Waldeigentümer stehen Förderprogramme zur Verfügung, die eine naturnahe Waldbewirtschaftung finanziell belohnen.
Dr. Lutz Fähser ist wohl in ganz Deutschland und über seine Grenzen bekannt. Er steht für ein naturnahes Konzept der Waldbewirtschaftung, welches er gemeinsam mit seinem Team über 30 Jahre im Stadtwald Lübeck entwickelt hat.
Dr. Lutz Fähser, Jahrgang 1944, Leitender Forstdirektor i. R., studierte Forstwissenschaften in Freiburg und München und promovierte in Freiburg. 1986 ging er als Leiter des Bereichs Stadtwald nach Lübeck. Er war in zahlreichen Projekten der Entwicklungszusammenarbeit und als Lehrbeauftragter an der Universität Kiel tätig.
Als Leitender Forstdirektor des Lübecker Stadtwaldes wurde er über die Grenzen Lübecks hinaus bekannt durch das 1994 eingeführte Konzept der „Naturnahen Waldnutzung“, bzw. "integriertem Prozessschutz". Dieses strebt in Wirtschaftswäldern u.a. eine hohe Naturnähe an, verfolgt die betrieblichen Ziele mit einem Minimum an Eingriffen. Durch sein Konzept der Waldwirtschaft konnte die Naturnähe der Waldbestände erheblich verbessert werden. Es gelang, die Holzvorräte zu vergrößern, u. a. zur Bindung von CO2. Mit geringeren Kosten wurden höhere Erträge erzielt. Die Biodiversität in den Wäldern konnte nachweislich erhöht werden; bei verschiedenen gefährdeten waldtypischen Pflanzen- und Tierarten ist eine Zunahme zu verzeichnen. mehr
Gerne besuchen wir Bürger den Wald als Ort der Erholung und für sportliche Betätigungen. Im Wald können wir abschalten, Sauerstoff tanken und die Gedanken fliegen lassen. Doch ist uns auch bewusst, wie überlebenswichtig der Wald für uns Menschen ist?
Wald in seiner ursprünglichen Gestalt ist ein eigener über Jahrmillionen perfektionierter und sich selbst regulierender Organismus, ein Ökosystem, welches für eine Vielzahl von Pflanzen, Tieren, Pilzen und Mikroorganismen über- und unterirdisch einen wertvollen Lebensraum darstellt. Das Zusammenwirken dieses Systems stellt mit seinen Ökosystemleistungen wiederum für uns Menschen eine unverzichtbare Lebensgrundlage dar.
Aber - dem Wald selbst geht es zunehmend schlecht und daran ist nicht nur der Klimawandel schuld. Eine zunehmend intensiv betriebene Forstwirtschaft, die sich nicht scheut rund ums Jahr, auch während der Brutzeit von Vögeln, Kahlschläge von bis zu 20.000 Quadratmetern oder (mit Genehmigung) noch mehr abzuholzen und dabei Bäume mit Höhlungen, Spalten und Mikrohabitaten, die einzigartige Lebensräume darstellen, nicht verschont, muss unterbunden werden. Andernfalls wird auch unsere Lebensgrundlage vernichtet.
unten, obere Reihe: mehr als 50 starke Rotbuchen und Stieleichen des Beecker Waldes wurden im Innenring im Januar und Februar durch die Stadt Wegberg und den zuständigen Förster gefällt. Sie sollen krank gewesen sein. Leider wurde der Waldboden durch Holzaufkäufer im Anschluss noch ungeregelt kreuz und quer befahren und der Waldboden schwer geschädigt. Hier wird so schnell kein gesunder Wald mehr aufwachsen können.
unten, untere Reihe: im und außerhalb des Naturschutz- und FFH-Gebiets (Flora-Fauna-Habitat-Gebiet/europäischer Schutzgebietsstatus) wurde ein Erlenwald an der Buschmühle von Privat gerodet und das Ufer für eine schöne Sicht freigestellt. Eine neue Beleuchtung stört und schädigt den Lebensraum der Wasservögel und Amphibien.
Fotos: G. Kaufhold
unten: für eine Modernisierung des Stadtweihers in Wegberg werden alle störenden Bäume und Sträucher entfernt
drei Reihen unten: mehrere Kahlschläge, darunter ein 20.000 Quadratmeter großer Kahlschlag, brachten im Privatwald des Beecker Waldes von März bis Juni 2023 die Tierwelt und Erholungssuchenden in Aufruhr. Ungeachtet der Brutzeit von Vögeln (Foto unten rechts: tote Blaumeise neben einer Holzerntemaschine, nicht im Bild) schoben sich Harvester, zum Teil Tag und Nacht durch den Wald und hinterließen ausgeräumte Flächen und unpassierbare Waldwege.
Erst eine Eingabe durch den NABU Wegberg an die zuständige Untere Naturschutzbehörde und das Forstamt Rureifel Jülicher Börde stoppte zunächst die Zerstörungen, die sich bis in das europäische Schutzgebiet hineinzogen und dort wertvolle Torfmoose und Moorwald schädigten.
Das Fazit der Behörden: keine Beanstandung, es handelt sich um gute fachliche forstwirtschaftliche Praxis.
Die Dokumentation des NABU Wegberg sowie die Antworten der Behörden können unten eingesehen werden. Letztere machen sprachlos und mehr als nachdenklich.
Fotos: G. Kaufhold
Mit großem Interesse wurde der Waldspaziergang des NABU Wegberg mit der NABU Landesvorsitzenden Dr. Heide Naderer und Heinz Kowalski (NABU NRW Landesfachausschuss Wald) von der Presse verfolgt. In der WDR Lokalzeit war das Video mit beeindruckenden Drohnenaufnahmen bis 22. Juni 2023 in der Mediathek verfügbar.
Waldbrandgefahr steigt - NABU NRW fordert die konsequente Entwicklung naturnaher Wälder
Waldspaziergang am 15. Juni mit NABU-Landesvorsitzender Dr. Heide Naderer im Beecker Wald zeigt Mängel in bestehender und Alternativen für zukünftiges naturnahes, klimaangepasstes Waldmanagement auf
Düsseldorf/Wegberg – Dem deutschen Wald geht es schlecht. Laut Waldzustandserhebung 2022 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft sind vier von fünf Bäumen geschädigt. Trotzdem soll er vielfältige Nutz- und Schutzfunktionen erfüllen, uns bei der Bewältigung der Klimakrise als Kohlenstoff- und Wasserspeicher dienen, Sauerstoff spenden und mit seiner Kühlungsleistung in sommerlichen Hitzeperioden das Leben erträglich machen. „Doch die Landschaft und der Wald trocknen heute menschengemacht schneller aus, weil Feuchtgebiete entwässert und der Wasserhaushalt verändert wurde. Und die angepflanzten Forstmonokulturen aus Nadelbäumen, die man vielfach antrifft, brennen viel schneller als ein naturnaher Laubwald“, sagte Dr. Heide Naderer, Vorsitzende des NABU NRW anlässlich eines Waldspazierganges im Kreis Heinsberg mit Vertreter*innen der örtlichen Politik. Am Beispiel Beecker Wald machte der NABU so auf die Mängel in der bestehenden Waldbewirtschaftung aufmerksam und zeigte Alternativen für ein zukünftig naturnahes und klimaangepasstes Waldmanagement auf.
Grund der Begehung des Beecker Waldes sind anhaltende und wiederkehrende Schäden durch eine Waldbewirtschaftung, die der Gesundheit des Waldes extrem schadet, da sie sich nicht an ökologischen Gesetzmäßigkeiten orientiert. Leider findet dieses auch in wertvollen nach EU-Recht geschützten Waldlebensräumen und während der Brutzeit von Vögeln statt. Der Beecker Wald ist ein Mischwald mit überwiegendem Laubholzanteil, der aufgrund seines Alters, der eingestreuten Reste bodenständiger Waldgesellschaften, den Restbeständen starker Eichen und Buchen sowie den Moorwäldern entlang des Mühlenbachs (FFH-Gebiet) von hoher naturschutzfachlicher Bedeutung ist. „Die allein an Gewinnmaximierung orientierte forstwirtschaftliche Nutzung hat den Wald in den letzten Jahrzehnten aber stark überprägt. Umfangreiche Durchforstungsmaßnahmen haben massive Bodenschäden verursacht. In ansonsten von Kiefern dominierten Quartieren wurden letzte verbliebene Buchen- und Eichenaltbäume entnommen. Sollte diese Entwicklung voranschreiten, ist mit einem weiteren drastischen Rückgang der an alte Habitatbäume gebundenen Waldfauna zu rechnen“, kritisierte Gabriele Kaufhold, Vorsitzende des NABU Wegberg die aktuelle „gute forstliche Praxis“ und die mangelnde Gesprächsbereitschaft der Forstwirtschaft sowie der lokalen mandatstragenden Entscheider*innen.
„Ein gesunder Wald ist im Interesse aller. Aktuell steigt durch die zunehmende Trockenheit wieder die Waldbrandgefahr. Waldentwicklung mit einem hohen Anteil von Laubbäumen, welche eine wenig brennbare und sich im Vergleich zu Nadeln schnell zersetzende Bodenstreu mit hoher Wasserspeicherkapazität bilden, sind notwendig, um das Waldbrandrisiko zu vermindern“, erklärte die NABU-Landesvorsitzende. Ein Grund mehr die eintönigen Fichten- oder Kiefernplantagen endlich systematisch in struktureiche Laubmischwälder umzubauen. Doch damit sei es nicht getan. Damit der Wald künftigen Wetterextremen standhalten und wieder gesund werden kann, müsse nicht nur er sich ändern. „Die Waldwirtschaft muss jetzt zwingend die Anforderungen, die durch Klimakrise und Biodiversitätskrise bestehen, mitdenken und umsetzen. Wenn der Wald sich arten- und strukturreich entwickeln kann und seine Böden, sein Innenklima und seinen Wasserhaushalt geschützt werden, minimieren wir künftige Risiken und gewinnen am Ende alle“, so Naderer.
Mehr zum Thema „Wälder der Zukunft: Ökosysteme für Mensch und Natur“ finden sich
im neuen Grundsatzprogramm des NABU unter: https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/waelder/grundsatzprogramm.html.
Kontakt:
Gabriele Kaufhold, Vorsitzende NABU Wegberg, Tel.: 02434 60 90 730, info@nabu-wegberg.de
Dr. Heide Naderer, Vorsitzende NABU NRW, Tel.: 0211 15 92 51 41
Heinz Kowalski, Sprecher Landesfachausschuss Wald im NABU NRW, 0160 88 56 396
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Herausgeber: NABU Nordrhein-Westfalen, 40219 Düsseldorf
Redaktion: NABU-Pressestelle NRW, Birgit Königs (verantwortlich)
T. 0211 15 92 51-14 | M. 0173 46 99 296 | E-Mail: B.Koenigs@NABU-NRW.de
Mit großem Applaus von mehr als 200 Zuhörerinnen und Zuhörern endete der Vortrag "Unser Wald hat Zukunft" von Dr. Lutz Fähser am 20. Oktober 2023 im Wegberger Forum.
Anschaulich, detailliert und eindringlich verdeutlichte Herr Dr. Fähser (ltd. Forstdirektor a.D.) wie wichtig eine Waldbewirtschaftung ist, die sich an den ökologischen Bedürfnissen des Ökosystems Wald orientiert. Nur so sieht er die überlebenswichtigen Leistungen des Waldes für uns Menschen auch in Zukunft gesichert. Aber auch die Holznutzung kommt mit dem von ihm entwickelten Lübecker Waldkonzept nicht zu kurz. Denn nur ein stabiler, gesunder Wald kann auch ökonomisch positive Ergebnisse erbringen. mehr