Spechte

Spechte
Grünspecht - Foto: NABU/Kathy Büscher

Spechte im Landkreis Heinsberg

von Alexander Terstegge

 

Allgemein bilden die Spechte eine eigene Familie (Picidae) in der Klasse der Vögel (Aves). Weltweit kommen ungefähr 200 Spechtarten vor, wobei vor allem in Süd- und Mittelamerika mit über 100 verschiedenen Arten die größte Diversität zu finden ist. In Mitteleuropa sind 10 Spechtarten beheimatet, wovon 5 Arten regelmäßig im Kreis Heinsberg zu finden sind: Neben dem allgegenwärtigen Buntspecht kommen in den Heinsberger Wäldern und Gärten Kleinspecht, Mittelspecht, Grünspecht und mit dem Schwarzspecht auch die bundesweit größte Spechtart vor.

 

 

Allgemeine Lebensweise

Die Spechte Mitteleuropas zeichnet gemeinsam aus, dass sie Baumhöhlen bewohnen, die oft selbst mit dem hartem Schnabel (auch Meißel genannt) gezimmert werden. Einige Arten wie z.B. der Wendehals bevorzugen allerdings bereits bestehende Baumhöhlen, die durch andere Spechtarten hergestellt wurden. Die Baumhöhlen werden in Totholz, aber auch in lebenden Bäumen angelegt, wobei sich der Bau von mehreren Tagen bis zu mehreren Jahren erstrecken kann. Allgemein sind Spechte insektivor, ernähren sich somit hauptsächlich von Insekten aller Art. Bei der Balz spielen sowohl Rufreihen, wie die lachende Strophe des Grünspechts, aber vor allem auch das Trommeln zur Revierabgrenzung eine große Rolle.

 

 

Anpassungen an das Leben am und im Baum

Der Körperbau der Spechte ist in vielerlei Hinsicht optimal an ihre Lebensweise angepasst. Für das Leben im Wald und speziell die Fortbewegung an Baumstämmen und Ästen haben die Spechte kurze Läufe mit kräftigen Füssen und starken Krallen. Die Zehen sind in der Regel paarig gestellt, d. h. 2 Zehen sind nach vorn, 2 Zehen nach hinten gerichtet und erlauben dem Specht starken Zugriff, auch an glatten Stammpartien. Ausnahme bildet hier sicherlich der im Süden Deutschlands vorkommende Dreizehenspecht, wo lediglich 1 Zehe nach hinten gerichtet ist. Auch der befiederte Schwanz spielt eine große Rolle bei der sicheren vertikalen Fortbewegung. So hat der keilförmige Schwanz steife und spitze Steuerfedern und dient somit als Stütze für die Spechte. Jeder, der im Wald schon mal einen Specht hat trommeln hören, wird sich wundern, wie die Vögel diese Form der Kommunikation unbeschadet ohne Kopfschmerzen überstehen. Die Lösung sind besondere Schädelanpassungen, wobei u.a. der kräftige Schnabel über eine federnde Verbindung mit dem Hirnschädel verbunden ist. Hierdurch wird der Schlag des Trommelns in eine Drehbewegung umgewandelt und somit aufgefangen. Das Gehirn selbst zeigt übrigens keine besonderen Anpassungen an die hackenden und trommelnden Tätigkeiten der Spechtvögel. Eine weitere Besonderheit ist die spezialisierte Zunge, die zum einen sehr weit herausstreckbar ist und zum anderen eine mit Widerhäkchen besetzte Spitze hat. Hiermit lassen sich sehr gut verschiedene Insekten, von Ameisen bis Käfern, aus den allerkleinsten Ritzen im Holz fangen.

 

Die im Kreis Heinsberg vorkommenden Spechtarten sind allesamt Standvögel und kommen somit Sommer wie Winter vor. Bei sehr kalten, schneereichen Wintern kann es hier zu besonders hohen Individuenverlusten kommen, wodurch eine gewisse Dynamik in der Populationsgröße gegeben ist.

 

 

 

Grünspecht – Schwarzspecht – Buntspecht – Mittelspecht - Kleinspecht

 

Der Grünspecht Picus viridis ist unverkennbar mit seiner roten Kopfhaube und dem grünen Gefieder. Bei näherer Betrachtung fallen auch der gelbliche Bürzel, der besonders im bodennahen Flug zu beobachten ist, und die schwarze Gesichtsmaske mit Bartstreif auf. Hierdurch lassen sich die Geschlechter unterscheiden: Das Weibchen hat einen schwarzen Bartstreif, wohingegen das Männchen einen roten Bartstreif mit schwarzer Umrandung aufweist. Jungtiere fallen durch eine schwarze Fleckung vor allem im Gesichts- und Brustbereich auf. Allgemein hört man den zweitgrößten einheimischen Specht aber, bevor man ihn sieht: Die lachende Ruf-Reihe ist sehr charakteristisch und während der Fortpflanzungszeit und darüber hinaus zu hören.

 

Typischerweise besiedelt der Grünspecht parkartige und mosaikartig zusammengesetzte Wald-Offenland-Mischlandschaften, sowie Parkanlagen und gehölzreiche Gärten. Baumhöhlen werden hierbei vor allem in Laubgehölzen angelegt. Besonnte, kurzrasige Flächen wie Wiesen, Weiden oder gar Industriebrachen spielen für die Nahrungsaufnahme eine große Rolle. Grund hierfür liegt in der Nahrungsspezialisierung des Grünspechts: Größtenteils ernährt er sich von Ameisen, die er oft am Boden erbeutet. Der Schnabel wird auch genutzt, um Löcher in Ameisenhaufen bzw. den Boden zu machen und anschließend Ameisen mit der bis zu 10cm vorstreckbaren Zunge mit Widerhaken an der Spitze, aufzunehmen.

 

Der Grünspecht war Anfang des 20. Jahrhunderts regional noch die häufigste Spechtart in Deutschland, hat dann allerdings teils deutliche Rückgänge hinnehmen müssen. Gründe hierfür sind divers, u.a. die Abnahme ehemals lückiger Waldstrukturen, zu häufige oder fehlende Mahd von Wiesen sowie Biozideinsatz, vor allem im Obstbau. Im gesamten Kreis Heinsberg ist der Grünspecht verbreitet und so kommt er an der Schwalm, am Übergang von Wiesen und Wald bzw. Gehölzen entlang von Rur und Wurm und im Siedlungsbereich vor.

 

Grünspecht
Grünspechte: Links das Männchen mit rot-schwarzem Bartstreif bei der Nahrungssuche auf dem Boden. Rechts das Weibchen mit schwarzem Bartstreif. (Fotos: Heinrich Pützler, www.puetzler.de)

 

 

Grünspecht – Schwarzspecht – Buntspecht – Mittelspecht - Kleinspecht

 

Die größte einheimische Spechtart ist der Schwarzspecht Dryocopus martius. Dieser etwa krähengroße Vogel besticht, wie der Name schon sagt, durch seine schwarz-glänzende Gefiederfärbung. Geschlechterunterschiede sind durch die Gefiederzeichnung im Kopfbereich möglich: Die Männchen haben von der Stirn bis in den Nacken einen roten Scheitel, die Weibchen zeigen lediglich einen roten Nackenfleck und haben leicht verlängerte Hinterkopffedern. Die jungen Schwarzspechte sind glanzlos braunschwarz. Neben dem auffälligen, energetischen und lauten Trommeln (das recht deutlich von den anderen trommelnden Arten Bunt- und Kleinspecht zu unterscheiden ist), zeigt der Schwarzspecht verschiedene Rufe, u.a. eine Rufreihe aus 10-20 Silben, die Revier- und Höhlenbesitz anzeigt. Auch der Flugruf („kürr-kürr-kürr“) ertönt regelmäßig in besetzten Revieren.

 

Der typische Lebensraum des Schwarzspechts sind größere Waldgebiete, wo sich Altbaumbestände und Nahrungsflächen abwechseln. Auch Parklandschaften mit vielen kleineren Wäldern und Feldgehölzen werden vom Schwarzspecht besiedelt. Ein Brutpaar besetzt hierbei Reviere mit einer Größe von 300 bis 400 Hektar Wald. Wichtige Lebensraumrequisiten sind Altholzbestände als Nist- und Nahrungsplatz. Nisthöhlen werden vor allem in glattrindigen Stämmen mit mehr als 30cm Durchmesser unterhalb des ersten Astansatzes angelegt und haben eine ovale Form. Ein freier Anflug spielt hierbei für Schwarzspechte eine große Rolle. Die Buche ist in unseren Wäldern bevorzugter Höhlenbaum, aber auch andere Arten wie Waldkiefer, Esche und Eiche werden genutzt. Vom Schwarzspecht gezimmerte Höhlen haben einen großen ökologischen Wert und dienen oftmals anderen Arten wie der Hohltaube und verschiedenen Fledermäusen als Quartier. Die Nahrung des Schwarzspechts besteht wie beim Grünspecht vor allem aus Ameisen und deren Larven, sowie weiteren Insektenarten in verschiedenen Entwicklungsstadien. Die Nahrungssuche findet hierbei u.a. im Kronenbereich von alten Gehölzen, aber auch auf dem Boden in dicht bewachsenen, aber auch lichteren Waldbereichen statt.

 

In Heinsberg ist der Schwarzspecht ein seltener Brutvogel, der ganzjährig ansässig ist. Der Brutbestand wird auf 30 bis 40 Brutpaare geschätzt. Regelmäßge Schwarzspechtvorkommen gibt es u.a. im Bereich des Schaagbachtals, im Meinweg und der Teverener Heide. In NRW kommt diese Spechtart flächendeckend mit geringen Revierzahlen vor. Ausgenommen sind lediglich Bördelandschaften und Ballungsräume.

 

Schwarzspecht
Schwarzspecht-Männchen an der Nisthöhle in einer Rotbuche. (Foto: Heinrich Pützler, www.puetzler.de)

 

Grünspecht – Schwarzspecht – Buntspecht – Mittelspecht - Kleinspecht

 

Die im Kreis Heinsberg am häufigsten vorkommende Spechtart ist der Buntspecht Dendrocopos major mit über 300 Brutpaaren. Er besiedelt neben Waldgebieten und Feldgehölzen auch Parkanlagen, Friedhöfe und Siedlungsbereiche und kann oft auch in Privatgärten und an Futterstellen beobachtet werden. Wichtig für den Buntspecht ist das Vorhandensein von nisthöhlentauglichen Gehölzen mit > 15cm Durchmesser.

 

Ähnlich wie Mittel- und Kleinspecht hat der Buntspecht ein schwarz-weißes Gefieder mit rötlichen Kopfpartien. Neben den großen weißen Schulterflecken und dem schwarzen Rücken, spielt das Kopfgefieder eine wichtige Rolle bei der Unterscheidung der Spechtarten und Geschlechter: Im Gegensatz zum etwas kleiner erscheinenden Mittelspecht hat der Buntspecht einen durchgehenden schwarzen Bartstreif, sowie einen deutlichen schwarzen Ohrstreif. Die Männchen zeigen einen roten Nackenfleck und die Weibchen haben eine schwarze Kopfplatte ohne Rotanteile. Junge Buntspechte haben einen komplett roten Scheitel und ähneln hierdurch auf den ersten Blick wiederum dem Mittelspecht.

 

Der Buntspecht ist ein Generalist und ernährt sich im Sommerhalbjahr hauptsächlich von Wirbellosen, die von Blättern oder Ästen abgesammelt oder aus stehendem und liegendem Totholz gehackt werden. Im Winter stehen vor allem Samen von Nadelgehölzen und überwinternde Wirbellose auf dem Speiseplan, im Frühjahr u.a. auch zucker- und eiweißreiche Baumsäfte (das sogenannte „Ringeln“ von Bäumen).

 

Buntspechte verhalten sich ganzjährig territorial und zeigen durch Rufe und Trommeln ihre besetzten Reviere an. Der Trommelwirbel, der vor allem in der Balz und Fortpflanzungszeit von Januar bis Juni zu hören ist, ertönt hierbei recht kurz und ist von Schwarz- und Kleinspecht unterscheidbar. Die besetzten Nisthöhlen lassen sich gut im späten Frühjahr beobachten. Dann sitzen die Nestlinge in der Höhle bzw. dem Höhleneingang und fordern lautstark und ausdauernd Futter von den schwer beschäftigten Elterntieren.

 

Buntspecht
Ein Buntspecht-Männchen mit Futter an der Nisthöhle. Gut erkennbar sind hier der schwarze Bart- und Ohrenstreif, sowie die rote Gefiederfärbung am Hinterkopf. Weibchen haben eine komplett schwarze Kopfplatte ohne Rotanteile. (Foto: Jürgen Richterich)

 

 Grünspecht – Schwarzspecht – Buntspecht – Mittelspecht - Kleinspecht

 

Eine Spechtart, die immer häufiger im Kreis Heinsberg anzutreffen ist, ist der Mittelspecht Dendrocopos medius. Er mutet ein wenig kleiner als der Buntspecht an und ist mit diesem durch das ebenfalls schwarz-weiße Gefieder mitunter verwechselbar. Allerdings hat der Mittelspecht einen kurzen Bartstreif und nur einen unvollständigen Ohrstreif. Auffälligstes Merkmal ist wohl die rote Kopfplatte, die die Art in allen Kleidern trägt. Im Gegensatz zum Bunt-, Klein- und Schwarzspecht trommelt der Mittelspecht nicht. Stattdessen hört man vom Mittelspecht das typische Quäken, das u.a. der Partnerfindung und Nistplatzwahl dient. Es ist vor allem von März bis Mai zu hören.

 

Bevorzugter Lebensraum sind eichendominierte Wälder mit möglichst hohem Totholzangebot. Ähnlich wie bei Buntspechten werden in diesen Ökosystemen in Deutschland die höchsten Populationsdichten erreicht. Aber auch alte Erlenwälder und Flussauen werden vom Mittelspecht besiedelt, der in NRW seine nordwestliche Arealgrenze hat. Der Buntspecht ist dem Mittelspecht ein überlegener Nistplatzkonkurrent. Ähnlich wie alle weiteren mitteleuropäischen Spechtarten ernährt sich der Mittelspecht von Insekten und anderen Wirbellosen, wie z.B. stamm-, rinden- und astbewohnende Arthropoden. Im Winterhalbjahr kann allerdings auch pflanzlicher Nahrungsanteil dominieren. Für die Nahrungssuche bevorzugt der Mittelspecht grobrissige und arthropodenreiche Baumarten, allen voran die Eiche. Aber auch Erlen, wie sie in den Heinsberger Au- und Bruchwäldern häufig vorkommt werden vom Mittelpecht angenommen. Die Nisthöhlen werden ebenfalls meist in Eichen angelegt und zeigen einen ovalen Höhleneingang.

 

Der Mittelspecht ist eine Vogelart, die ihr Vorkommensgebiet in den letzten Jahren deutlich ausgebreitet hat. Diese erhebliche Bestandszunahme konnte auch im Kreis Heinsberg nah mitverfolgt werden: Fehlten Anfang der 2000er Jahre noch Nachweise im Rheinland nördlich der Linie Heinsberg, Grevenbroich und Remscheid, ist der Mittelspecht inzwischen regelmäßiger Brutvogel im Kreis. Die ersten Brutnachweise sind auf das Jahr 2006 datiert und inzwischen sind auch im nördlichen Kreisgebiet, vor allem im Bereich der Schwalm und Nebenbäche regelmäßig Mittelspechte zu hören. In NRW konnte seit den 1990er Jahren bis 2010 eine Verdreifachung des Bestandes registriert werden. Gründe hierfür sind u.a. die immer älter werdende Struktur von Eichenbeständen mit temporär verbessertem Nahrungsangebot und die milden Winter der letzten Jahre. Ob es allerdings bei dieser Entwicklung bleibt ist unklar, da sich die Alterszusammensetzung der Eichenbestände in Zukunft wahrscheinlich für den Mittelspecht verschlechtert (aufgrund von forstlicher Nutzung der Bestände).

 

Mittelspecht
Mittelspecht auf Nahrungssuche an stehendem Totholz. Schön zu sehen ist die rote Kopfplatte (Unterscheidung zum Buntspecht). Optimale Anpassung des Spechts an die vertikale Fortbewegung: kurze Beine, starke Krallen, Stützschwanz (Foto: Heinrich Pützler)

 

Grünspecht – Schwarzspecht – Buntspecht – Mittelspecht - Kleinspecht

 

Der Kleinspecht Dryobates minor ist wie der Name schon sagt unsere kleinste heimische Spechtart und ungefähr kleibergroß. Als seltener Brutvogel ist diese Art mit 40 bis 50 Brutpaaren im Kreis Heinsberg vorhanden. Diese gefährdete Vogelart (der Kleinspecht steht auf der Roten Liste in NRW) ist ein ausgesprochener Laubwaldbewohner und kommt u.a. in Auwäldern, Eichenmischwäldern, aber auch totholzreichen Buchenwäldern und Obstgärten vor. Bevorzugt werden Weichholzbestände oder Waldränder mit reichlichem Totholzangebot besiedelt, wobei die Bruthöhlen in kranken oder morschen Stamm- und Astbereichen angelegt werden. Der Kleinspecht gilt unter den Spechten als Totholzspezialist. Er hat eine schwarz-weiße Grundfärbung und unterscheidet sich in der Größe deutlich von Mittel- und Buntspecht. Vom Körperbau wirkt die Art kompakt und kurzhalsig und zur Unterscheidung der Geschlechter dient der Scheitel (beim Männchen rot, beim Weibchen schwarz).

 

Im Sommer ist die Nahrung des Kleinspechts fast nur tierisch und besteht vor allem aus abgelesenen Insekten und Larven und Blattläusen. Winternahrung wie überwinternde Insekten und deren Larven finden diese guten Kletterer vor allem unter Baumrinde und in Spalten. Im Winter fallen die sehr großen Streifgebiete der Kleinspechte auf, die über 500 ha betragen können, wodurch eine genaue Bestandseinschätzung mitunter nicht so einfach ist. Ganzjährig kann man aber den gereihten Ruf „ki-ki-ki-ki-…“ hören, der aus bis zu 20 Einzelrufen besteht und im Frühjahr am Häufigsten in unseren Wäldern erschallt. Das Trommeln des Kleinspechts unterscheidet sich deutlich von Bunt- und Schwarzspecht, da es deutlich länger zu hören ist.

 

Im Kreis Heinsberg sind die Trommelwirbel und der Ruf des Kleinspechts u.a. in der Teverener Heide und im Waldband entlang der Schwalm und Nebenbäche regelmäßig zu hören.

 

 

Weitere Spechtarten in NRW & Deutschland

 

In Nordrhein-Westfalen kommen neben den oben beschriebenen Arten noch der Wendehals Jynx torquilla und der Grauspecht Picus canus als Brutvogel vor. Der Wendehals gilt als sehr vereinzelter Durchzügler im Kreis Heinsberg. In den Jahren 1974 und 1975 wurden die bisher einzigen Bruten auf Heinsberger Kreisgebiet im Meinweg nachgewiesen. Das Vorkommen vom Grauspecht in NRW beschränkt sich auf die Mittelgebirgslagen als nordwestliche Arealgrenze und er gilt in Heinsberg als Ausnahmeerscheinung.

 

Weitere in Deutschland vorkommende Spechtarten sind Dreizehenspecht Picoides tridactylus und Weißrückenspecht Dendrocopos leucotos, die beide allerdings nur in der montanen bzw. subalpinen Stufe in den Alpen und im Bayrischen Wald vorkommen. Der Blutspecht Dendrocopos syriacus gilt in Deutschland als unregelmäßige Ausnahmeerscheinung. Im 20. Jahrhundert konnte diese Art ihren Verbreitungsraum deutlich vom Iran und der Türkei über den Balkan bis hin nach Österreich und Tschechien ausdehnen, wurde in Deutschland aber noch nicht als Brutvogel nachgewiesen.

 

 

Einfluss der Spechte und Schutzmaßnahmen

 

Unsere heimischen Spechtarten als Bewohner von Waldlebensräumen aller Art profitieren stark von einer naturnahen Entwicklung ihrer Lebensräume. Alte Baumbestände mit einem großen Angebot an stehendem und liegendem Totholz spielen hierbei eine große Rolle für die Spechte, aber auch für weitere Tierarten. Viele Wirbellose, u.a. Insekten und Spinnentiere, können die Spalten und Nischen in Alt- und Totholz als Lebensraum nutzen und dienen den Spechten im Anschluss als ganzjährige Nahrungsquelle. Die Spechte wiederum gestalten ihre Lebensräume durch die Anlage von verschiedenen Nist- und Schlafhöhlen und fördern hierdurch ebenfalls die Biodiversität im Wald: Schwarzspechthöhlen werden z.B. von Hohltauben und Fledermäusen als Nistplatz bzw. Quartier genutzt, kleinere Buntspechthöhlen nutzen u.a. Meisen als Niststandort. Somit spielen die Spechte eine wichtige Rolle in ihren Lebensräumen.

 

Die forstliche Entwicklung sollte Platz für den Erhalt und die Förderung von Altholzbeständen einräumen, um somit ein Mosaik mit hoher Strukturvielfalt zu fördern. Das Altbauminselkonzept sieht vor in Waldgebieten mehrere mindestens 1 ha große Altholzbestände aus der forstlichen Nutzung zu nehmen. Ziel ist es, das vermehrt wieder Bäume in die Zerfallsphase übergehen können, wodurch Totholz im Wald natürlich gefördert wird. Auch der Schutz von einzelnen Biotop- und Höhlenbäumen sollte im Sinne des Naturschutzes durchgeführt werden.

 

Wer nun Interesse hat alle unsere heimischen Spechtarten und ihre Lebensräume selbst zu entdecken, hat besonders im FFH-Gebiet Schaagbachtal gute Chancen. Regelmäßig sind alle Arten um die Naturschutzstation Haus Wildenrath und auf dem Birgelner Urwaldpfad zu hören und zu sehen. Auch im FFH-Gebiet entlang der Schwalm mit Nebenbächen kommen alle heimischen Spechtarten vor.

 

 

 

Literatur

 

Bezzel E. (1985): Kompendium der Vögel Mitteleuropas: Nonpasseriformes – Nichtsingvögel. Aula-Verlag. Wiesbaden

 

Gedeon K., Grüneberg C. Mitschke A., Sudfeldt C. et al. (2014): Atlas deutscher Brutvogelarten. Atlas of German Breeding Birds. Stiftung Vogelmonitoring Deutschland und Dachverband Deutscher Avifaunisten. Münster

 

Gellissen M. (2012): Die Vögel des Kreises Heinsberg. NABU Kreisverband Heinsberg e.V.

 

Glutz von Blotzheim (2001): Handbuch der Vögel Mitteleuropas. Band 9. Columbiformes – Piciformes. Tauben, Kuckucke, Eulen, Ziegenmelker, Segler, Racken, Spechte. Genehmigte Lizenzausgabe eBook. Vogelzug-Verlag im Humanitas Buchversand

 

Grüneberg C., Sudmann S. R., Weiss J., Jöbges M., König H., Laske V., Schmitz M. & Skibbe A. (2013): Die Brutvögel Nordrhein-Westfalens. NWO & LANUV (Hrsg.). LWL-Museum für Naturkunde. Münster

 

Limbrunner, Bezzel, Richarz & Singer (2013): Enzyklopädie der Brutvögel Europas. Kosmos-Verlag. Stuttgart

 

Naturschutzstation Haus Wildenrath e.V. (ehemals NABU-Naturschutzstation Haus Wildenrath e.V.) (2007 - 2016): Jahresberichte FÖBS der Jahre 2007 bis 2016 für den Kreis Heinsberg und das Land NRW. Wegberg, unveröffentlicht

 

 

Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Kreises Heinsberg, Redaktion „Heimatkalender des Kreises Heinsberg“ und dem Autor Alexander Terstegge, M.Sc. Landschaftsökologe, terstegge@naturschutzstation-wildenrath.de